Local U und SMX East 2014 – Ein Erfahrungsbericht aus New York

Wenn man sich intensiver mit dem Thema lokale Suche beschäftigt wird schnell klar, dass Deutschland diesbezüglich noch deutlich hinter den USA zurück ist. Das drückt sich zum einen in der Anzahl der Blog und Tools zu diesem Thema aus, aber auch Google macht entscheidende Unterschiede zwischen google.com und google.de/.at/.ch. Zwei konkrete Beispiele dafür sind:

  • Das in Deutschland noch weitgehend unbekannte Carousel, eine grafiklastige Darstellung der Suchergebnisse, die vor allem im Bereich Gastronomie und Tourismus zum Einsatz kommt.
  • Das sog. Pigeon-Update, eine vor zwei Monaten auf google.com ausgerollte Änderung des lokalen Algorithmus, welche die Suchergebnisse mächtig durcheinander gewirbelt hat, bislang aber nicht auf den deutschsprachigen Google Domains angekommen ist.

Was liegt also näher als vom Wissensvorsprung der amerikanischen Kollegen zu profitieren und direkt an der Quelle (hoffentlich wichtige) Informationen für unsere Kunden zu sammeln. Aus diesem Grund habe ich vom 29.09. bis 02.10. an der Local U (einem ganztägigen Workshop zum Thema lokale Suche) sowie der SMX East (der wichtigsten Konferenz zum Suchmaschinenmarketing an der US-Ostküste) in New York teilgenommen.

Gerne berichte ich an dieser Stelle über die wichtigsten Erkenntnisse.

  1. Ranking Faktoren für die lokale Suche
  2. Mehrere Berufsträger in den lokalen Suchergebnissen
  3. Korrekter Einsatz von Telefontracking und Optimierung
  4. Barnacle SEO

Die Local University ist eine Fortbildungsserie rund um den Themenkomplex lokale Suche, die von führenden Experten wie David Mihm, Mary Bowling, Will Scott und Mike Blumenthal organisiert wird und in regelmäßigen Abständen Präsenzschulungen und Konferenzen anbietet. Darüber hinaus gibt es auf www.localu.org kostenpflichtige Foren, die dem Austausch zwischen Studenten und Dozenten der Local U dienen sollen. Mit dem Ticket für die Veranstaltung in New York gab es eine dreimonatige Mitgliedschaft für diese Foren inklusive. Allerdings hatte ich bislang noch keine Gelegenheit für einen ausführlichen Test, daher kann ich noch nichts dazu sagen, ob sich diese Investition lohnt.

Im Vorfeld der SMX East wurde ein eintägiges Bootcamp angeboten, wo alle wichtigen Themen des lokalen Suchmaschinenmarketings präsentiert und mit den ca. 25 Teilnehmern diskutiert wurden.
Überrascht war ich dabei von der Tatsache, dass eine ganze Reihe der Teilnehmer aus meiner Branche kamen, d.h. es waren Anwälte bzw. deren Online Marketing Manager oder Agenturen, die sich ebenfalls auf diese Berufsgruppe spezialisiert haben. Für mich ein klares Indiz dafür, wie wichtig Google für Rechtsanwälte in den USA geworden ist und wie umkämpft der dortige Markt inzwischen ist. Darüber hinaus eine tolle Gelegenheit, um Kontakte zu knüpfen und sich auch über die Veranstaltung hinaus mit Experten im Online-Kanzleimarketing auszutauschen.

Local U New York David Mihm
Local Search Guru David Mihm bei einem Vortrag während der Local U in New York.

Fachlich habe ich u.a. die folgenden Punkte mitgenommen:

Nichts geändert hat sich natürlich an den Ranking-Faktoren für die lokale Suche:

1) Relevance (hierzu gehören u.a. der Name des Unternehmens sowie dessen Kategorisierung über die Google My Business Seite).

2) Prominence, d.h. externe Web-Signale (inkl. Bewertungen) einer Website. In erster Linie sind hier die hinsichtlich NAP („Name-Adress-Phone Number“) korrekten Einträge in den diversen thematischen und regionalen Branchenverzeichnissen (die sog. „Citations“) zu nennen, wobei Qualität mehr denn je wichtiger ist als Quantität.

Diesbezüglich gab es einen kleinen Tipp für alle, die noch Probleme mit der Qualität ihrer Verzeichnisdaten haben (zum Beispiel durch einen Umzug): Eine Google-Suche nach veralteten und/oder falschen Adressen und/oder Telefon-Nummern ist eine einfache und effektive Möglichkeit, fehlerhaften Citations auf die Spur zu kommen.

Keinen direkten Bonus gibt es übrigens nur dafür, dass ein Unternehmen schon lange im Geschäft ist. Indirekt erhöht dies aber die Wahrscheinlichkeit, dass viele und korrekte Citations vorhanden sind.

Von Google wurde klargestellt, dass der Algorithmus im Zweifel den von Google überprüften Daten aus externen Quellen (also z.B. als vertrauenswürdig eingestuften Branchenverzeichnissen) mehr vertraut als den Daten des Unternehmensinhabers. Bei AdvoAd haben wir bereits vor einiger Zeit über eine umfangreiche Auswertung die für Rechtsanwälte besonders wichtigen Verzeichnisse in allen deutschen Großstädten identifiziert und bearbeiten diese seitdem mit Prio. Hier sind natürlich auch die Datenlieferanten stark vertreten, die David Mihm bereits vor längerer Zeit in seiner Infografik Local Search Ecosystem Germany dargestellt hat.

3) Distance ist in der lokalen Suche natürlich auch weiterhin wichtig, hier hat sich der Ansatz von Google aber stark geändert. Während es in der Vergangenheit vor allem auf die Entfernung zum Stadtzentrum ankam, werden jetzt für jede Suche in Abhängigkeit von der Position des Nutzers sowie des Suchbegriffes der relevante Kartenausschnitt sowie die entsprechenden Treffer ermittelt.

Gerade für unsere Kunden (aber zum Beispiel auch für Ärzte) sehr interessant ist die Frage, wie im Bereich von Google Maps mit der Unterscheidung zwischen Kanzlei und einzelnem Rechtsanwalt umgegangen wird. Google kennt natürlich nicht die Differenzierung zwischen selbständigen Einzelanwälten, angestellten Rechtsanwälten in größeren Kanzleien, Bürogemeinschaften oder freien Mitarbeitern.

Die grds. Policy lautet daher, dass ein eigener Google My Business Eintrag erlaubt ist, solange Kanzlei und einzelner Rechtsanwalt unabhängig voneinander kontaktiert werden können.

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Drei Anwälte aus einer Kanzlei in den lokalen Suchergebnissen.

Auf diesem Screenshot ist gut zu sehen, wie es einer Kanzlei gelingt, für einen wichtigen Suchbegriff sowohl die Kanzlei-Homepage als auch die Google+ Seiten von zwei Anwälten in den lokalen Suchergebnissen zu platzieren. Allerdings habe ich Zweifel, ob es angesichts der zunehmenden Bedeutung der klassischen SEO-Signale in der lokalen Suche auf Dauer gelingen kann, nur mit einer Google+ Seite ganz vorne zu ranken.

Mary Bowling sprach in ihrer Präsentation zur Website-Struktur auch über Multiple-Domain Strategy, eines meiner aktuellen Lieblingsthemen. Gemeinsam mit ihren Kollegen von Local U unterstützt Sie ganz eindeutig meine Theorie, dass Anwaltskanzleien über eine starke Kanzlei-Homepage bestmögliche Rankings für mehrere Standorte und/oder Rechtsgebiete erreichen können.

Ein Dauerbrenner in der lokalen Suche ist sicherlich auch der Einsatz von Telefon-Tracking  Nummern. Wer signifikante Budgets für Google Adwords ausgibt kann darauf natürlich nicht verzichten, zumal in vielen Rechtsgebieten > 60% der Anfragen telefonisch eingehen. Auf der eigenen Website ist dies auch grds. kein Problem, solange der Einbau über dynamisches JavaScript (wie von AdvoAd praktiziert) oder ein Image ohne ALT-Tag umgesetzt wird. Absolut tabu sind Tracking-Nummern aber in externen Verzeichnissen, da es dadurch zu NAP-Problemen kommen kann. Dummerweise versuchen u.a. viele Verzeichnisanbieter (z.B. die klassischen Telefonbuchverlage) in jüngster Zeit durch den Einsatz von Tracking-Nummern eine Rechtfertigung der Kosten für einen Eintrag zu erbringen. Die möglichen Konsequenzen werden dabei ignoriert – dem i.d.R. ahnungslosen Kunden entsteht allerdings ein potenziell langfristiger Schaden.

Auch im Rahmen der SMX war Telefon-Tracking ein wichtiges Thema, was durch die Anwesenheit von zahlreichen Technologieanbietern unterstrichen wurde.

Zum ersten Mal gehört habe ich während der Local U den Begriff Barnacle SEO, der ursprünglich von Will Scott geprägt wurde. Ein Barnacle ist ein Krebs, der sich an die Seitenwand eines Schiffes oder einen großen Stein hängt und dort ganz bequem darauf wartet, dass die Wellen ihm die benötigten Nährstoffe bringen.
Relevanz im Bereich der lokalen Suchmaschinenoptimierung hat dieses biologische Konzept bei stark umkämpften Suchbegriffen, für die kleine Websites oftmals nur geringe Chancen auf ein Top-Ranking haben. Der Webmaster steht in diesem Fall vor der Entscheidung, weiter die eigene Website zu pushen oder sich vielleicht lieber an große, gut rankende Homepages (im Bereich des Anwaltsmarketings sind das üblicherweise Verzeichnisse wie anwalt.de oder anwaltssuche.de) zu hängen und in deren Bugwelle ein bestmögliches Ranking zu erzielen. Will Scott – der in New York übrigens auch zu den Referenten gehörte – empfiehlt in einer solchen Situation, im Stile eines Barnacle die Stärke der großen Website zu nutzen und evtl. sogar durch externen Linkaufbau das eigene Profil auf dieser Seite möglichst weit nach vorne zu bringen.

Ich selber sehe das etwas differenzierter, denn die Barnacle SEO Taktik bringt natürlich auch offensichtliche Nachteile mit sich: Zuerst wäre hier sicherlich die Tatsache zu nennen, dass in den großen Verzeichnissen der nächste Wettbewerber immer nur einen Klick entfernt ist und ich einen potenziellen Mandanten deshalb im Zweifel immer lieber auf der eigenen Kanzlei-Homepage als auf dem Kanzlei-Profil bei anwalt.de haben möchte.

Das Ganze ist auf jeden Fall ein wichtiges und sicherlich kontrovers zu diskutierendes Thema, dem ich  deshalb an dieser Stelle einen eigenen Beitrag gewidmet habe.

Fazit: Die weite Reise an die amerikanische Ostküste hat sich auf jeden Fall gelohnt und ich werde sicherlich auch in Zukunft wieder für Local U und SMX Veranstaltungen in die USA fliegen.
Wie erwartet sind die USA dem deutschen Markt beim Thema lokale Suche deutlich voraus, so dass der Besuch einer Fachkonferenz fast zwangsläufig wichtige Erkenntnisse und interessante Kontakte mit sich bringt.

Viele Online-Marketing Agenturen in den USA  wie Niftylaw oder Mockingbird Marketing haben sich genau wie AdvoAd ausschließlich auf die Betreuung von Rechtsanwälten konzentriert, da diese auch in den Vereinigten Staaten sehr zahlreich vertreten sind und die Branche extrem hart umkämpft ist. Diese Anbieter werde ich natürlich ganz genau im Blick behalten und versuchen, den Erfahrungsaustausch zum Wohle unserer Kunden am Leben zu erhalten.

 

Über den Autor

Lars Hasselbach ist Gründer und Geschäftsführer von AdvoAd, einer auf Rechtsanwälte spezialisierten Agentur für Online Marketing. Er arbeitet seit 2005 mit Google AdWords und war u.a. Lehrbeauftragter für Suchmaschinenmarketing an der Hochschule Darmstadt. Außerdem verantwortete er über mehrere Jahre die AdWords-Kampagnen der Deutschen Telekom und von E-Plus.